Gleich. Gelesen.

Newsletter Bau- und Vergaberecht 33/2023

19.09.2023 | Bau- und Vergaberecht

Verzögerung muss nicht verschuldet sein

Der Auftraggeber kann dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und die Kündigung androhen, wenn der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert. Dabei reicht eine auf das Verhalten des Auftragnehmers zurückzuführende objektive Verzögerung, ohne dass die Voraussetzungen eines Schuldnerverzugs gegeben sein müssen (OLG Köln, Urteil vom 31.01.2022 – 19 U 131/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 06.06.2023 – VII ZR 39/22).

Haftungsausschluss bei Zwangslage unwirksam

Der Architekt macht die Einreichung eines zweiten und nachgebesserten Bauantrags davon abhängig, dass der Bauherr einen Vergleich akzeptiert, der den Architekten von jeglicher Haftung freistellt. Ein solcher Vergleich ist sittenwidrig und nichtig, da sich der Bauherr in einer Zwangslage befunden hat und der Architekt dies ausgenutzt hat (OLG München, Beschluss vom 04.02.2021 – 28 U 2756/20 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 01.03.2023 – VII ZR 175/21).

Löschung aus Architektenliste bei Manipulation vom Prüfsachverständigenbericht

Ein Architekt hat als Bauleiter den Prüfbericht eines Prüfsachverständigen manipuliert und bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht. Er wollte damit eine vorzeitige Inbetriebnahme erreichen. Die darin liegende Rechtsverletzung im Kernbereich der beruflichen Tätigkeit kann dessen Unzuverlässigkeit begründen, denn die Enttäuschung des Bauherrn ist in diesem Fall von einem erheblichen Gewicht. Auch wenn es sich um einen einmaligen Vorfall zu Beginn der beruflichen Tätigkeit handelt, kann dies die Löschung rechtfertigen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.09.2023 – 4 B 362/23).

Nach Auftragsvergabe kein Nachweis der Leistungsfähigkeit bei Eignungsleihe

Nach einer nationalen Rechtsvorschrift kann ein Wirtschaftsteilnehmer, der für die Ausführung eines öffentlichen Auftrags die Kapazitäten eines anderen Unternehmers in Anspruch nehmen möchte, die Unterlagen über die Befähigung dieses Unternehmens erst nach Auftragsvergabe einreichen. Dies ist mit europäischem Recht nicht in Einklang zu bringen (EuGH, Beschluss vom 10.01.2023 – RAS.C – 469/22).

Grundsätzlich ist die Erhaltung des Auftrags anzustreben

Unzulässig ist ein Nachprüfungsverfahren mangels Antragsbefugnis dann, wenn das Interesse des Bieters nicht auf den Erhalt des Auftrags gerichtet ist, sondern auf die Verhinderung einer zu späten Vergabe des Auftrags (VK Bund, Beschluss vom 11.08.2023 – VK2 – 64/23).

Warnung vor Gefahr durch Warnschilder

Ein Nachunternehmer wird mit dem Aufstellen und Vorhalten von Verkehrszeichen wegen Rollensplits beauftragt. Die Arbeiten sind während der Straßensanierung durchzuführen. Grundlage ist ein Regelplan mit verkehrsrechtlichen Anweisungen der Straßenverkehrsbehörde. Das Verkehrszeichen muss 50-70 m vor der Straßenbaustelle aufgestellt werden. Der Nachunternehmern verletzt seine Vertragspflichten, wenn das Verkehrszeichen erst hinter dem Einmündungsbereich der Straße in eine Kreuzung aufgestellt wird, obwohl eine Ausbreitung des Rollensplits bis in den Mündungsbereich zu erwarten war. Die Bauleitung des Hauptauftragnehmers und das Straßenverkehrsamt und das Bauamt der Straßenmeisterei haben die Position der Ausschilderung kontrolliert und ordnungsgemäß bestätigt. Dies lässt die Pflichtwidrigkeit nicht entfallen, sondern kann allenfalls ein Mitverschulden des Hauptauftragnehmers begründen (OLG Naumburg, Urteil vom 28.07.2022 – 2 U 70/21).

 

 

Ansprechpartner