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Newsletter Bau- und Vergaberecht 32/2023

11.09.2023 | Bau- und Vergaberecht

Bei erkennbar falscher Ausschreibung kein Nachtragsanspruch:

In § 7 Abs. 1 VOB/A 2019 ist die Aufstellung der Leistungsbeschreibung vorgegeben. Werden diese Vorgaben von der Vergabestelle missachtet, sind gleichwohl Erschwernisse vom Leistungssoll dann erfasst, wenn der Bieter nach dem objektiven Empfängerhorizont damit rechnen musste. Wenn der Bieter erkennen kann, dass das Leistungsverzeichnis unvollständig ist, kann er aus diesem Grund später keine erhöhte Vergütung verlangen. Insbesondere kann der Bieter nicht darauf vertrauen, dass die Vorgabe der VOB/A eingehalten werden, wen der Verstoß erkennbar ist oder der Bieter auch sonst eine ausreichende Kalkulationsgrundlage hat. Im entschiedenen Fall waren in einem Altbau Asbestarbeiten durchzuführen. In diesem Falle ist keinem Bieter als Spezialunternehmen bekannt, wo sich die Kontaminierung befindet sodass die konkrete Lage des Asbests und die Menge unbekannt sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2022 – 21 U 71/22).

Keine Abschlagszahlung von 80 % ohne Anordnung des Bestellers:

Nach § 650 d BGB haben die Parteien eines Bauvertrages die Möglichkeit, in einem einstweiligen Verfügungsverfahren feststellen zu lassen, dass die Abschlagszahlung von 80 % des Angebotspreises dem Auftragnehmer zustehen oder nicht zustehen. Die Regelungen in § 650 d BGB gelten auch bei VOB/B-Verträgen. Dabei muss sich der Anspruch auf Vergütungsanpassung aus § 650 c Abs. 3 BGB ergeben. Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber vor der Durchführung der Leistungen ein Angebot unterbreitet haben und es muss hierüber innerhalb von 30 Tagen keine Einigung erzielt worden sein. Danach muss der Auftraggeber eine Anordnung in Textform getroffen haben (Landgericht München I, Urteil vom 31.08.2023 – 24 O 9551/23).

Mangel bejaht bei Mangelgefahr:

Es ist unzulässig unter einem Aluminiumdach einer Membran zu verbauen, die Feuchtigkeit aufsaugt und speichert. Die Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs stellt eine Mangelgefahr dar. Dies reicht für die Annahme eines Mangels. Es ist dem Bauherren nicht zumutbar, dass mit der Verwendung eines für den vereinbarten Zweck nicht gedachten Baumaterials eine erhöhte Gefahr von Schäden ausgeht (OLG Schleswig, Urteil vom 05.07.2023 – 12 U 116/22).

Dicht-Dicht-Konstruktion bei Warmdach mangelhaft:

Die Planung eines Daches muss den allgemein anerkannten Regeln der Technik genügen. Bis zur Neufassung der DIN 4108-3 war ein Warmdach mit einer Dicht-Dicht-Konstruktion zulässig. Mit der neuen DIN ist dies nicht mehr der Fall. Bereits Jahre zuvor und vor Aktualisierung der DIN war in Fachkreisen bekannt, dass derart verbaute Dächer schadensgeneigt sind. Daher ist die Planung eines solchen Daches vor 2014 mangelhaft (OLG Stuttgart, Urteil vom 28.03.2023 – 10 U 29/22).

Voraussetzung für eine Direktvergabe ist eine europaweite Marktanalyse:

Der Bieter vergibt einen Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung im Amtsblatt der EU, ohne dass dies gesetzlich gestattet ist. In diesem Fall ist der Auftrag von Anfang an unwirksam, wenn die Vergabestelle nicht darlegen und beweisen kann, dass der Bieter das einzige Unternehmen ist, dass die Anforderungen der Ausschreibung erfüllen kann. Dies ist stichhaltig zu belegen, wozu eine europaweite umfassende Marktanalyse erforderlich ist (VK Südbayern, Beschluss vom 05.06.2023 – 3194.Z3 – Abstand 01 – 22 – 54).

Berechtigter Ausschlussgrund bei Schlechterfüllung eines früheren Auftrags:

Die Vergabestelle kann einen Bieter von der Teilnahme ausschließen, wenn der Bieter wesentliche Anforderungen bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich und fortdauernd mangelhaft erfüllt und dies zu einer vorzeitigen Beendigung geführt hatte. Dies gilt für den Fall der Nichtleistung sowie bei erheblichen Mängeln der ausgeführten Bauleistungen, die dazu geführt haben, dass sie unbrauchbar waren (VK Bund, Beschluss vom 17.08.2023 – VK 2 – 56/23).

 

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