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Newsletter Bau- und Vergaberecht 3/2024

16.01.2024 | Bau- und Vergaberecht

Unwirtschaftliche Betriebsführung muss Besteller beweisen:

Der Vergütungsanspruch bemisst sich nach Zeitaufwand. Der Unternehmer muss in diesem Fall darlegen, wie viele Stunden für die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistungen aufgewandt worden sind. Dabei muss der abgerechnete Arbeitszeitumfang nicht einzelnen Tätigkeiten zugeordnet oder diese nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Allerdings besteht eine Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung. Deren Verletzung wirkt sich nicht unmittelbar vergütungsmindernd aus, sondern sie führt zu einem vom Auftraggeber geltend zu machenden Gegenanspruch wegen einer Pflichtverletzung. Dessen tatsächliche Voraussetzungen muss der Auftraggeber darlegen und beweisen (OLG Nürnberg, Urteil vom 22.12.2022 – 13 U 630/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 11.10.2023 – VII ZR 18/23).

Keine Mangelrüge per WhatsApp:

Die Mangelrüge ist schriftlich abzufassen, um eine Verjährungsverlängerung auszulösen, § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B. Das Schriftformerfordernis wird durch eine WhatsApp-Nachricht nicht erfüllt (OLG Frankfurt, Urteil vom 21.12.2023 – 15 U 211/21).

Sachverständigenkosten Teil des Schadensersatzes:

Der Bauherr kann den Mangel selbst beseitigen, wenn eine von ihm zur Nacherfüllung gesetzten Frist erfolglos abgelaufen ist. Der Bauherr hat dann Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung zurecht verweigert hat. Zu dem Aufwendungsersatz gehören auch sonstige Integritäts- und Vermögensschäden, die durch die mangelhafte Leistung verursacht wurden. Dies sind alle in dem Minderwert des mangelhaften Werks angelegten Schadenspositionen wie etwa Sachverständigenkosten, die der Besteller aufwenden musste, um die Mängel festzustellen und zu beurteilen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.02.2023 – 2 U 137/22 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 02.08.2023 VII ZR 43/23).

Abgrenzung zwischen Bau- und Dienstleistungsauftrag:

Umfasst ein Auftrag verschiedene Leistungen, die auch zu verschiedenen Auftragsarten gehören, ist die maßgebliche Auftragsart, nach der auszuschreiben ist, die Leistung, die Hauptgegenstand des Vertrages ist. Ein Vertrag über die Ausführung oder gleichzeitige Planung und Ausführung von Bauleistungen oder eines Bauwerks, welches Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion zu erfüllen hat, ist ein Bauauftrag. Bauleistung und Bauwerk sind dabei Synonym. Für die Einordnung ist vorrangig die Verpflichtung, die den Auftrag prägt. Ausgeschrieben wird die Beschaffung der Sensorik und die Datenplattform zur Lenkung von Besucherströmen und Pendelverkehr. Dies ist kein Bau-, sondern ein Dienstleistungsauftrag, auch wenn dabei Masten zu errichten sind, um die Sensoren zu befestigen (OLG Schleswig, Beschluss vom 05.12.2023 – 54 Verg 8/23).

Vorlage des Formblattes bei wirksamer Forderung:

Angebote, die geforderte Unterlagen nicht enthalten, sind auszuschließen, wenn in der Ausschreibung festgelegt ist, dass die Unterlagen nicht nachgefordert werden. Dabei ist der Begriff der Unterlagen weit zu verstehen. Hersteller-, Typ- und Produktangaben sowie Produktdatenblätter und auch Erläuterungen zu den einzelnen Preisen und Mengenansätzen sind als Unterlagen zu verstehen. Dazu gehört auch das Formblatt 225 a. Die Vorlage der Unterlage muss in der Ausschreibung unmissverständlich verlangt werden. Die Anforderung muss in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht der Ausschreibung sicher und eindeutig entnommen werden können. Auch wenn ein Formblatt nicht an zentraler Stelle benannt wird, kann dessen Vorlage unmissverständlich verlangt sein. Es genügt, wenn die Bieter den Vergabeunterlagen deutlich und sicher entnehmen können, dass eine solche Unterlage verlangt wird. Wenn ein Formblatt auch nicht an zentraler Stelle aufgeführt wird, kann die Vorlage aus Sicht eines fachkundigen Bieters wirksam gefordert sein (VK Lüneburg, Beschluss vom 27.10.2023 – VgK – 29/2023).

Eindeutigkeit und Vollständigkeit des Nachforderungsschreibens:

Bis zu einer von der Vergabestelle zu bestimmende Nachfrist können fehlende und unvollständige Unterlagen nachgefordert werden. Allerdings gibt es im Anwendungsbereich des VgV keine Verpflichtung zur Nachforderung, die im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabestelle liegt. Das Ermessen verlangt allerdings im Regelfall die Nachforderung, da das Gegenteil die Ausnahme darstellt. Die Vergabestelle muss in dem Nachforderungsschreiben eindeutig und genau angeben, welche Unterlagen in welcher Frist nachzureichen sind. Wenn die Vergabestelle fehlende/unvollständige leistungsbezogene einzeln benannten Unterlagen nachfordert und nicht alle vollständigen Unterlagen, ist es vergaberechtswidrig, den Bieter auszuschließen. Denn wenn nur einzelne Unterlagen nachgefordert werden, kann der Bieter davon ausgehen, dass sein Angebot ansonsten vollständig ist (VK Westfalen, Beschluss vom 21.12.2023 – VK 1 – 37/23).

 

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