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Newsletter Bau- und Vergaberecht 23/2023

28.07.2023 | Bau- und Vergaberecht

DIN-Normen ≠ anerkannte Regeln der Technik

 

Auch wenn die Leistung des Auftragnehmers die einschlägigen DIN-Normen einhält, ist diese mangelhaft, wenn sie nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Denn DIN-Normen können hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben. (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.04.2022 – 5 U 178/21)

 

Kein Nachlass ohne Auftrag

Wenn die Parteien eines Planvertrages vereinbaren, dass sich das Pauschalhonorar des Auftragnehmers ermäßigen soll, sofern der Auftragnehmer auch mit der Ausführung der Haustechnik beauftragt werde, hat der Auftraggeber keinen Anspruch auf diesen Nachlass, wenn der Auftragnehmer schlussendlich nicht mit den zusätzlichen Arbeiten beauftragt wird. Insbesondere handele der Auftragnehmer nicht treuwidrig, wenn er dem Auftraggeber kein entsprechendes Angebot zur Durchführung der Arbeiten macht (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.03.2021 – 22 U 274/20).

E-Vergabe: Angebote in der nicht vorgegebenen Form sind auszuschließen

Der Auftraggeber kann gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VOB/A 2016 festlegen, welche elektronischen Mittel (§§ 11, 11a VOB/A) bei der Einreichung von elektronischen Angeboten zu verwenden sind. Werden vorgegebene elektronische Mittel bei der Einreichung des Angebots nicht verwendet, ist das Angebot nicht formgerecht übermittelt und gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A 2016 auszuschließen (BGH, Urteil vom 16.05.2023 – XIII ZR 14/21)

Keine Rückzahlung einer Subvention trotz Vergaberechtsverstößen, wenn Zuwendungsbescheid nicht eindeutig

Enthält der Zuwendungsbescheid über eine Subvention keine hinreichend genauen Vorgaben zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen, kann die Rückforderung nicht auf die Nichteinhaltung solcher Bestimmungen gestützt werden. Angesichts der Fülle der vergaberechtlichen Vorschriften, der vielfältigen Anwendungsprobleme sowie der regelmäßig nicht gegebenen Vertrautheit mit den Vorgaben des Vergaberechts beim Empfänger, sei ein strenger Maßstab bei solchen Bestimmungen anzulegen (VG Köln, Urteil vom 03.03.2023 – 16 K 2955/20).

Tiefbauer darf sich nicht auf veraltete Leitungspläne verlassen

Ein Tiefbauer haftet für Schäden, die er an unterirdischen Leitungen verursacht, wenn er sich zuvor nicht vergewissert, dass die ihm vorliegenden Leitungspläne aktuell sind oder eigene Kontrollen durchgeführt hat. Dies gilt insbesondere, wenn die übergebenen Leitungspläne erkennbar nicht mehr aktuell sind und zudem noch den deutlichen Hinweis enthalten, dass die Lage der Leitungen von den Planangaben abweichen kann. Als Maßnahmen für die Kenntnisverschaffung komme z.B. die stichprobenartige Aushebung von Suchschächten in Betracht. (BGH, Urteil vom 13.04.2023 – III ZR 17/22)

Aluminium-Unterkonstruktion muss nur teilweise aus Aluminium bestehen

Der Bauunternehmer, der nach dem Leistungsverzeichnis verpflichtet ist, eine Aluminium-Unterkonstruktion für eine Fassade auszuführen, kann keine Mehrvergütung verlangen, wenn die Konstruktion tatsächlich aus einer Mischung von Aluminium und höherwertigeren Verbundstoffen besteht, mit denen die Konstruktion an der Fassade befestigt wird. Aus technischer Sicht handelt es sich immer noch um eine Aluminium-Unterkonstruktion (OLG Köln, Urteil vom 08.09.2022 – 7 U 47/17)

Keine Mängelhaftung bei sich von Wänden ablösendem Putz trotz fehlender Bedenkenanzeige

Der Auftragnehmer hat die Ablösung von Putz an Wänden nicht zu vertreten, wenn die Ursache hierfür gerade nicht auf einer mangelhaften Leistung beruht, sondern auf eine Restfeuchte in den Betonnestern hinter den Polystyrolelementen zurückgeht, und damit nicht zu rechnen war. In diesem Fall ist der Auftragnehmer zu einer Bedenkenanzeige nicht veranlasst. (OLG Dresden, Urteil vom 23.09.2022 – 22 U 1625/21)

Notar haftet Bauträger für Mängelbeseitigung bei unterlassenem Hinweis auf unwirksame Abnahmeklausel

Die Klausel in einem Bauträgervertrag, wonach „mit der Prüfung der Abnahmereife ein vom zukünftigen Verwalter noch zu benennender Sachverständiger beauftragt wird und die Erwerber zur Abnahme verpflichtet sind, wenn der Sachverständige keine wesentlichen Mängel, die die Gebrauchsfähigkeit des Gemeinschaftseigentums beeinflussen, feststellt“, benachteiligt die Erwerber unangemessen und ist unwirksam. Der Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich daraus, dass das jedem einzelnen Erwerber zustehende Recht zur Abnahme auch bezüglich des Gemeinschaftseigentums durch die streitgegenständliche Regelung unterlaufen wird. Es gehört zu den Pflichten eines Notars, die AGB-Klauseln, die zu Zweifeln an ihrer Wirksamkeit Anlass geben könnten, einer näheren Prüfung zu unterziehen. Verletzt der Notar diese Prüfungspflicht und weist er die Parteien in der Folge nicht auf die Unwirksamkeit der Klausel hin, hat er dem Bauträger die Mängelbeseitigungskosten und sonstigen Schäden zu erstatten, die dem Bauträger daraus entstehen, dass die Erwerber mangels erfolgter Abnahme berechtigte Gewährleistungs- und/oder Schadensersatzansprüche geltend machen können. (OLG Celle, Urteil vom 01.02.2023 – 3 U 60/22)

Bindung des Auftraggebers an die in den Bewerbungsbedingungen festgelegte Kommunikationsart: Keine Nachforderung per E-Mail

Ist mit den Bewerbungsbedingungen klargestellt worden, dass im Vergabeverfahren die Kommunikation mit den am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen ausschließlich über eine Vergabeplattform erfolgen soll, muss sich der Auftraggeber hieran im Wege einer Selbstbindung festhalten lassen. Eine nachträgliche, stillschweigende Änderung dieser Selbstbindung, bspw. durch Versendung eines fristgebundenen Nachforderungsschreibens per E-Mail, ist dann ausgeschlossen. (VK Sachsen, Beschluss vom 14.04.2023 – 1/SVK/003-23)

Aufklärungspflicht bei widersprüchlichem Angebot

In sich widersprüchliche Angebote dürfen ohne vorherige Aufklärung des Angebotsinhalts weder bezuschlagt noch ausgeschlossen werden. Der öffentliche Auftraggeber hat in einer solchen Situation den betreffenden Bieter zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufzufordern und ihm Gelegenheit zu geben, die Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015 – Verg 35/15). Dabei darf das Angebot allerdings nur soweit aufgeklärt werden, dass klar wird, welche der beiden Verständnismöglichkeiten des in sich widersprüchlichen Angebots vom Bieter gemeint war. (VK Südbayern, Beschluss vom 25.11.2022 – 3194.Z3-3_01-22-27)

 

 

 

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