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Newsletter Bau- und Vergaberecht 21/2023

06.07.2023 | Bau- und Vergaberecht

Keine Zurückweisung einer prüfbaren Schlussrechnung:

Die Schlussrechnung muss die nach dem Vertrag objektiv unverzichtbaren Angaben enthalten. In diesem Fall ist die Rechnung prüffähig. Die Vorlage von Nachtragsangebotskalkulationen ist für die objektive Prüfbarkeit durch ein Ingenieurbüro nicht erforderlich. Auch wenn die Schlussrechnung vom Bauherrn als nicht prüfbar zurückgewiesen wird, ändert dies an der objektiven Prüfbarkeit der Schlussrechnung nichts (OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.03.2023 – 21 U 52/22).

Nur dichtes Dach ist mangelfrei:

Die Mangelfreiheit der Bauleistung ist nur dann gegeben, wenn das Werk zweckentsprechend und funktionstauglich ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine Ausführungsart vereinbart wurden, mit der die Funktionstauglichkeit nicht erreicht werden kann. Für den übli­chen Gebrauch sind Dächer nur dann geeignet, wenn sie gegen Schlagregen und Windangriff dicht sind (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.01.2022 – 5 U 211/20 – Nichtzulassungsbe­schwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 01.03.2023 – VII ZR 12/22).

Bei Mitverursachung volle Haftung:

Der Auftragnehmer haftet bei einem ungewissen Verursachungsbeitrag auf den vollen Scha­den, da der Auftragnehmer die Beweislast dafür trägt, dass sein Verhalten für den Schaden nicht ursächlich war (OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 – 14 U 1551/22).

Baukunst wird durch Glasvordach entstellt:

Ein Bauwerk stellt ein Werk der Baukunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Urhebergesetz dar. Dies ergibt sich aus einer besonderen Fassadengestaltung einer Moschee mit einer westlichen Formensprache unter Verzicht auf Ornamente, Verzierungen und sonstigem schmückendem Beiwerk. Durch das Wechselspiel zwischen glatter Fassade und schlanken hohen Fensteröff­nungen ergibt sich der Eindruck besonderer Schlichtheit. Eine besondere eigenschöpferische Wirkung wird durch eine solche Gestaltung erzielt, wobei es unschädlich ist, dass schlanke Fenster bei Moscheen keine unüblichen Gestaltungselemente sind. Der nachträgliche Anbau eines Glas-Vordaches entstellt das Bauwerk und dessen Fassade im Sinne des §§ 14 Urhe­berrechtsgesetz (OLG Köln, Urteil vom 02.06.2023 – 6 U 162/22).

Nur im Ausnahmefall Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb zulässig:

Äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit bestimmten Ereignissen erlau­ben es dem öffentlichen Auftraggeber, ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durchzuführen. Dies ist der Fall, wenn die Ereignisse es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für ein offenes oder ein nicht offenes Verfahren und für den Teilnahmewettbe­werb vorgeschrieben sind. Die Bejahung dieser Voraussetzungen unterliegt hohen Anforde­rungen. Dies kann bei einer drohenden und gravierenden Beeinträchtigung für die Allgemein­heit und die staatliche Aufgabenerfüllung der Fall sein, wozu etwa akute Gefahrensituationen im Falle höherer Gewalt gehören, die zur Vermeidung von Schäden für Leib und Leben der Allgemeinheit ein sofortiges und die Einhaltung von Fristen ausschließendes Handeln erfor­dern. Die Umstände dürfen der Vergabestelle allerdings nicht zuzuordnen sein (OLG Düssel­dorf, Beschluss vom 14.12.2022-Verg 1/22).

Einsichtsrechte in Verfahrensakten, nicht Vergabeakten:

Zur Einsicht in die Vergabeakten bedarf es eines konkreten aus dem Rechtsschutzbegehren­ des Beteiligten folgenden Rechtschutzbedürfnisses. Die Akteneinsicht dient dem Zweck des Vergabenachprüfung und damit dem Rechtsschutzbegehren des jeweiligen aktenein­sichtsbegehrenden Beteiligten und stellt keinen Selbstzweck dar. Bei Vergabeakten handelt es sich um Behördenakten eines Beteiligten. Demgegenüber stehen die Akten der Nachprü­fungsinstanzen den Beteiligten des Nachprüfungsverfahrens ohne Einschränkung zur Verfü­gung (Kammergericht, Beschluss vom 06.07.2022 – Verg 6/22).

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