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Newsletter Bau- und Vergaberecht 16/2023

17.05.2023 | Bau- und Vergaberecht

„Optimieren der Leistung“ erlaubt Abweichungen:

 

Der Inhalt der Leistung bestimmt sich nach dem Vertrag. Dabei ist das gesamte Vertragswerk zu berücksichtigen, so etwa auch ein Raumbuch oder ein Bieterprotokoll. Soll nach dem Bieterprotokoll die Leistung vom Auftragnehmer „optimiert“ werden, ist die Vereinbarung gegenüber dem Raumbuch vorrangig. Der Auftragnehmer ist in diesem Fall befugt, vom Inhalt der Leistungsbeschreibung abzuweichen, sofern die geänderte Leistung funktionstauglich ist, den behördlichen und gesetzlichen Vorgaben sowie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und der beauftragten Leistung gleichwertig ist (OLG München, Urteil vom 28.09.2021 – 9 U 1739/20 Bau – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 15.03.2023 – VII ZR 851/21).

 

Eingeschränkte Haftung bei unzureichender Vorunternehmerleistungen:

Der Unternehmer muss dem Bauherrn eine funktionstaugliche Leistung verschaffen, die dem vertraglichen Zweck gerecht wird. Dies gilt ungeachtet der beauftragten Leistungsvereinbarung. Die Mangelhaftigkeit einer Leistung ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht realisiert wird, weil die vom Bauherrn zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer unzureichend sind. Nur wenn der Auftragnehmer seine Prüfungs- und Hinweispflicht erfüllt hat, ist er für den Mangel nicht verantwortlich. Voraussetzung für einen Mangel aufgrund einer unzureichenden Vorunternehmerleistung ist ein enger Zusammenhang der Tätigkeit mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers, auf die der Unternehmer seine Leistung aufbaut (OLG Hamm, Urteil vom 06.12.2022 – 24 U 55/21).

Keine Änderung der Honorarvereinbarung bei gleichem Leistungsziel:

Wenn die Parteien eine wirksame Honorarvereinbarung getroffen haben, bleibt diese bei unveränderten Leistungsziel bestehen und ist nicht abänderbar. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.01.2021 – 8 U 109/14 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 29.03.2023 – VII ZR 91/21).

Aufklärungspflicht wegen beschränkter Bauvorlageberechtigung:

Innenarchitekten sind nur beschränkt bauvorlageberechtigt. Wenn unklar ist, ob der Innenarchitekt berechtigt ist, eine Baugenehmigung für das Bauvorhaben zu beantragen, muss er den Bauherrn ungefragt darüber aufklären. Wird mit der Bautätigkeit begonnen, ohne dass eine Baugenehmigung vorliegt, kann der Bauherr den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Dies kann dazu führen, dass der Architekt keinen Anspruch auf eine Vergütung für die bislang erbrachten Leistungen hat, wenn das Werk so schwerwiegend mangelhaft ist, dass es nicht nachbesserungsfähig und daher wertlos ist (OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2021 – 6 U 1906/19 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 18.01.2023 – VII ZR 199/21).

Eignung muss trotz Präqualifizierung nachgewiesen werden:

Allein einer Präqualifikation entbindet den Bieter nicht davon, den Nachweis für die Erfüllung von Eignungskriterien beizubringen (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2023 – 1 VK 55/22)

Anhörung vor Ausschluss erforderlich:

Der Auftraggeber ist verpflichtet, ein vom Ausschluss bedrohtes Unternehmen zuvor anzuhören, damit der Bieter die Möglichkeit erhält, die Vorwürfe zu widerlegen oder Selbstreinigungsmaßnahmen darzulegen. Für den Ausschluss ist es bei vorangegangenen Schlechtleistungen grundsätzlich ausreichend, wenn die Vergabestellen Indiztatsachen von einigem Gewicht vorbringt und auf gesicherte Erkenntnisse aus seriösen Quellen hinweisen kann. Die Entscheidung zum Ausschluss des Bieters muss dann nachvollziehbar sein. Dafür genügt eine hohe und überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es zu den entsprechenden Pflichtverletzungen gekommen ist. Gleichwohl ist zuvor eine Anhörung durchzuführen (VK Sachsen, Beschluss vom 04.08.2022 – 1/SVK/013 – 22).

 

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