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Newsletter Bau- und Vergaberecht 45/2022

20.12.2022 | Bau- und Vergaberecht

Keine Arbeitseinstellung bei Streit über Nachträge:

Im Bauvertragsrecht haben die Kooperationspflichten einen sehr hohen Stellenwert. Die Parteien sind bei Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Vertragsanpassung gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und Lösung herbeizuführen. Gelingt dies nicht, berechtigen ungeklärte Nachtragsforderungen den Bauunternehmer nicht dazu, die Arbeiten einzustellen. Dem Unternehmer ist es zumutbar, die Nachtragsleistungen zu erbringen und deren Berechtigung mit gerichtlicher Überprüfung abzuklären (OLG Stuttgart, Urteil vom 17.08.2021 – 10 U 423/20 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 01.06.2022 – VII ZR 826/21).

Kein Verbraucherbauvertrag bei Fassadenarbeiten:

Ein Verbraucherbauvertrag liegt dann vor, wenn der Unternehmer mit der Errichtung des gesamten Gebäudes oder erheblicher Umbaumaßnahmen insgesamt beauftragt ist und nicht nur mit einem Teil. Der Bau muss sozusagen aus einer Hand erfolgen. Alleine Fassadenarbeiten führen nicht zur Anwendung der Regeln über den Verbraucherbauvertrag (OLG Brandenburg, Urteil vom 10.11.2022 – 12 U 69/22).

Zwischen Privatleuten sind die Mindestsätze der HOAI 1996/2002 verbindlich:

Bei einem Rechtsstreit, in dem sich Privatpersonen gegenüberstehen, wird die EU-Dienstleistungsrichtlinie, gegen die die HOAI verstößt, nicht angewandt. § 4 der Fassung der HOAI kann nicht richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass die Mindestsätze im Verhältnis zwischen Privatpersonen nicht mehr verbindlich sind und daher einer mindestsatzunterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen (BGH, Urteil vom 03.11.2022 – VII ZR 724/21).

Genehmigungsrisiko kann beim Bauherrn liegen:

Als Werkerfolg schuldet der Architekt eine dauerhafte genehmigungsfähige Planung. Das gilt nur dann nicht, wenn der Bauherr das damit einhergehende Risiko vertraglich übernommen hatte. Dazu muss der Architekt den Bauherrn umfassend über die Risiken aufklären und belehren, damit sich der Bauherr auf einen derartigen Risikoausschluss einlassen kann. Alleine die Kenntnis von einem Genehmigungsrisiko, genügt nicht (OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2021 – 16 U 20/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 07.09.2022 – VII ZR 849/21).

Durchführung der Preisprüfung:

Bei einer Preisprüfung hat sich die Vergabestelle konkret mit den Informationen des Bieters zur Preisprüfung auseinanderzusetzen und dies zu dokumentieren. Rückschlüsse darauf, ob eine solche vertiefte Auseinandersetzung stattgefunden hat, lässt die Formulierung, dass ein Angebot auskömmlich kalkuliert zu sein scheint, nicht zu. Inhaltliche Wiederholungen des Angebots ohne eine Untersetzung von Personaleinsatz bedingter Kosten ohne die Offenlegung des Personaleinsatzes sind nicht ausreichend, um darzulegen, dass es sich um ein auskömmlich und sorgfältig kalkuliertes Angebot handelt (VK Sachsen, Beschluss vom 05.08.2022 – 1/SVK/012 – 22).

Schadensersatz auf Angebotskosten beschränkt bei wirksamer, rechtswidriger Aufhebung:

Für die Aufhebung einer Ausschreibung liegt kein nach der Vergabeverordnung erforderlicher Aufhebungsgrund vor. Dem Bieter, der den Zuschlag erhalten hätte, steht dann ein Anspruch auf Ersatz der mit der Teilnahme am Verfahren verbundenen Aufwendungen zu. Weitergehende Ansprüche auf Erstattung des positiven Interesses kommen allerdings nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht (Scheinaufhebung) (Landgericht Köln, Urteil vom 27.09.2022 – 5 O 112/22).

 

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