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Newsletter Bau-und Vergaberecht 28/2019

05.08.2019 | Bau- und Vergaberecht

HOAI europarechtswidrig

Der Europäische Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Regelungen der HOAI europarechtswidrig sind. Dies begründet der EuGH damit, dass die Mindestsätze, die Bestandteil der HOAI sind, nicht geeignet sein können, das Ziel zu erreichen, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten. Denn es fehle für die Vornahme der Leistungen, die diesen Mindestsätzen unterliegen, eine Mindestgarantie, die die Qualität dieser Leistung gewährleisten können. Die in der HOAI vorgesehenen Mindestsätze seien daher nicht geeignet, die Erreichung des Ziels hoher Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten, da auch Dienstleister Planungsleistungen erbringen dürfen.

Demgegenüber können die in der HOAI vorgesehenen Höchstsätze zum Verbraucherschutz beitragen. Allerdings wurde durch die Bundesrepublik Deutschland nicht begründet, weshalb sie nicht von weniger einschneidenden Maßnahmen Gebrauch macht, daher sei die Festlegung von Höchstsätzen nicht verhältnismäßig (EuGH Urteil vom 04.07.2019 – Rs. C–377/17).

 

Anwendung der HOAI trotz Europarechtswidrigkeit

Der EuGH hat mit Urteil vom 04.07.2019 entschieden, dass die Mindestsätze der HOAI gegen EU–Recht verstoßen. Daher geht das Oberlandesgericht Celle davon aus, dass die HOAI in laufenden Rechtsstreitigkeiten keine Anwendung mehr finden darf. Die nationalen Gerichte seien wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärte Norm (HOAI) nicht mehr anzuwenden. Nach Auffassung des OLG Hamm bindet das Urteil des EuGH nur den Mitgliedsstaat. Der Mitgliedsstaat muss geeignete Maßnahmen ergreifen, um den europarechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Eine unmittelbare Wirkung des Urteils des EuGH auf den einzelnen Bürger findet nicht statt. Daher sei die geltende HOAI weiterhin zu beachten. Die Revision zum Bundesgerichtshof ist zugelassen (OLG Hamm Urteil vom 23.07.2019, 21 U 24/18).

 

Haftung des Auftragnehmers bei ungeeigneten Baugrund

Der Auftragnehmer ist beauftragt, eine Schottertragschicht einzubauen. Danach kommt es zu Setzungen. Diese hat ihre Ursache in Setzungserscheinungen aus dem tieferen Baugrund. Der Bauherr haftet deshalb nicht mit, weil es sich bei einem nicht erkennbaren Baugrundrisiko nicht um dessen Risikobereich handelt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2019 – 21 U 118/16).

 

Rücktritte vom Bauträgervertrag bei einem Wert von weniger als 10 % des Kaufpreises

Ein Käufer kann vom Bauträgervertrag zurücktreten, wenn das Wohnungseigentum einen erheblichen Mangel aufweist. Dies erfordert eine umfassende Interessensabwägung. Es kommt auf die Bedeutung des Mangels und auf den Beseitigungsaufwand an. Bei behebbaren Mängeln ist auf die Kosten der Mangelbeseitigung und nicht auf die Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Die Erheblichkeitsgrenze liege bei 5 % des Mangelbeseitigungsaufwands (OLG Dresden, Urteil vom 12.05.2016 – 8 U 451/15 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen, BGH, Beschluss vom 07.11.2018 – VII ZR 142/16).

 

Widersprüche im Ausschreibungstext rechtfertigen keinen Ausschluss

Die Vergabestelle kann einen Ausschluss nicht auf Widersprüche in der Ausschreibung stützen. Unklare Vorgaben gehen nicht zu Lasten der Bieter. Es kommt alleine darauf an, ob die Bieter die Eignungskriterien erfüllen (Kammergericht, Beschluss vom 04.06.2019 – Verg 8/18).

 

Keine Aufhebung bei falscher Mengenermittlung

Eine Ausschreibung kann kostenneutral nur dann aufgehoben werden, wenn die Aufhebungsgründe nicht verschuldet sind. Sind Mengen fehlerhaft ermittelt worden, kann sich die Vergabestelle darauf nicht berufen (VK Sachsen–Anhalt, Beschluss vom 10.12.2018 – 3 VK LSA 71/18).

 

Eine prüfbare Rechnung muss nicht richtig sein

Wenn eine Rechnung prüfbar ist, bedeutet dies noch nicht, dass sie auch inhaltlich richtig ist. Nach Feststellung der Prüfbarkeit ist die Richtigkeit der Rechnung zu prüfen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2019 – 22 U 248/18).

Besondere Leistungen sind vom funktionalen Vertragssoll umfasst.

Ist für den fachkundigen Bieter ersichtlich, dass zur Erreichung des Vertragszwecks auch besondere Leistungen auszuführen sind, sind derartige Leistungen sind besondere Vergütung geschuldet (Kammergericht, Urteil vom 05.04.2019 – 21 U 72/16).

 

Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages

Bei einer Kündigung eines Pauschalpreisvertrages ist die erbrachte Leistung prüfbar abzurechnen und die nicht erbrachte Leistung im Verhältnis zum Wert der erbrachten Teilleistung zu setzen. Der Unternehmer hat sonst keinen Vergütungsanspruch, es sei denn, die Abrechnung in dieser Weise wäre ausnahmsweise entbehrlich (geringfügige Restleistung) (OLG Dresden, Urteil vom 10.05.2016 – 9 U 1838/15 – Zulassungsbeschwerde zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 06.02.2019 – VII ZR 128/16).

 

Kündigung als Ausschlussgrund

Führt ein Auftragnehmer einen Bauauftrag erheblich mangelhaft aus, rechtfertigt dies den Ausschluss eines solchen Bieters in einem nachfolgenden Vergabeverfahren. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Art. 57 Abs. 4 c und g der Richtlinie 2014/24/EU (EuGH, Urteil vom 19.06.2019 – Rs. C – 41/18).

 

Fehlende Unterlagen rechtfertigen Ausschluss auch im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb

Auch in einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb ist der Ausschlusstatbestand gegeben, wenn der Bieter innerhalb einer gesetzten Frist Unterlagen nicht vorlegt. Der Ausschlusstatbestand folgt aus §§ 57 Abs. 1 Nr. 2 und § 56 Abs. 2, 3 VgV (VK Thüringen, Beschluss vom 29.03.2019 – 250 – 4003 – 01.04.2002/2019 – E – 002 – SHL).