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Newsletter Bau- und Vergaberecht 20/2022

19.07.2022 | Bau- und Vergaberecht

Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B bei Gerätestillstand durch Entwurfsänderung

Es kann zu mittelbaren bauzeitlichen Auswirkungen kommen, wenn Änderungen des Bauentwurfs nach § 1 Abs. 3 VOB/B angeordnet werden. Mittelbare Auswirkungen können beispielsweise Gerätestillstandkosten sein. Dies gilt auch für einen Anspruch nach § 2 Abs. 6 VOB/B in Verbindung mit § 1 Abs. 4 VOB/B (BGH, Beschluss vom 23.03.2022 – VII ZR 191/21).

Bauablaufbezogene Darstellung auch bei coronabedingter Behinderung

Auswirkungen der Corona–Pandemie können den Unternehmer vom Vorwurf des Verzugs entlasten. Dazu muss der Auftragnehmer im Einzelnen darlegen, wie sich von ihm nicht zu verantwortende Umstände im Einzelnen auf den Bauprozess ausgewirkt und ihn verzögert haben. Dazu bedarf es einer bauablaufbezogenen Darstellung, aus der ersichtlich ist, dass der Unternehmer durch schwerwiegende, unvorhersehbare und unabwendbare Umstände an der rechtzeitigen Erfüllung gehindert war (Kammergericht, Urteil vom 24.05.2022 – 21 U 156/21).

Keine Haftung des Architekten bei ausreichender Aufklärung des Bauherrn

Der Bauherr hat entschieden, eine geplante zweischalige Wand aus Kostengründen einschalig auszuführen. Dem Bauherrn musste sich dann als technischem Laien aufdrängen, dass dadurch der Wärmeschutz und Schallschutz verändert wird. Im Falle einer solchen Planungsänderung kann der Architekt nicht haftbar gemacht werden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 23.07.2021 – 2 U 111/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 816/21).

Mindestsätze der HOAI gelten zwischen Privaten

Die Vorschriften der HOAI, die das verbindliche Preisrecht regeln, gelten unbeschadet des Urteils des EuGH vom 04.07.2019 zwischen Privaten. Der Planer kann sich auf eine nationale Rechtsvorschrift berufen, soweit diese weiterhin gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Der Bundesgerichtshof ist im Streitfalle nicht aufgrund Unionsrechts verpflichtet, das Preisrecht der HOAI unangewendet zu lassen. Insoweit hat der EuGH festgestellt, dass die Dienstleistungsrichtlinie eine unmittelbare Wirkung in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen nicht zukommt (BGH, Urteil vom 02.06.2022 – VII ZR 174/19).

Bewertung von Zuschlagskriterien in einem Konzeptwettbewerb

Die Vergabestelle muss die Wertung anhand von Zuschlagskriterien so konzipieren, dass sie vertretbar und in sich konsistent und nachvollziehbar ist. Dies gilt auch für qualitative Zuschlagskriterien bei einem Konzeptwettbewerb. Im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung bedarf es hinreichend konkreter Zielsetzungen, die bei deren Angebotswertung im Rahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind. Dabei kann die Vergabestelle nicht alle denkbaren konzeptionellen Leistungsansätze der Bieter vorsehen und abstrakt bewerten. Das Wertungssystem bzw. die Vorgaben, unter welchen konkreten Bedingungen ein Konzept mit welcher Note zu bewerten ist, kann systemimmanent nicht abschließend bestimmt und festgelegt werden. Daher kann ein Bieter auch eine Benotung nicht konkret vorhersagen. Diese immanente Offenheit eines Konzeptwettbewerbs muss trotzdem eine relativ vergleichende Bewertung der von den Bietern eingereichten Konzepte nach den bekannt gemachten Bewertungsmaßstäben vorsehen (VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022 – V-Card 2 – 24/22)..

Keine Nachforderung einer Wirtschaftlichkeitsbewertung

Wenn abgeforderte Unterlagen fehlen, ist das Angebot von der Wertung auszuschließen. Dies gilt für leistungsbezogene Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen (VK Baden–Württemberg, Beschluss vom 14.04.2021 – 1 V-Card 10/21).