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Newsletter Bau- und Vergaberecht 1/2023

16.01.2023 | Bau- und Vergaberecht

Im LV genanntes Produkt ist ohne Nennung eines gleichwertigen Produkts Vertragssoll:

Im Leistungsverzeichnis ist aufgeführt, dass eine bestimmte oder „gleichwertige“ Leistung erbracht werden muss. Der Auftragnehmer hat in seinem Angebot kein anderes Produkt benannt. Entscheidet sich der Auftragnehmer dazu, ein anderes als das vertraglich vereinbarte Produkt zu verbauen, ist die Leistung mangelhaft und der Bauherr kann kündigen (OLG Celle, Urteil vom 14.12.2022 – 14 U 44/22).

Bedenkenanmeldung muss klar und deutlich sein:

Ein Mangel ist auch dann gegeben, wenn dessen Ursache aus der Sphäre des Bauherrn resultiert, weil die beigestellte Planung mangelhaft ist. Eine Enthaftung des Unternehmers kommt dann in Betracht, wenn er hiergegen ordnungsgemäß Bedenken angemeldet hat. Dies ist auch dann erforderlich, wenn der Bauherr versiert ist. Der Bauherr muss durch den Bedenkenhinweis ausreichend gewarnt sein. Insbesondere ist auf die Konsequenzen hinzuweisen.

Allgemeine Hinweise sind insoweit unzureichend (OLG Düsseldorf, vom 02.12.2022 – 22 U 113/22).

Mangel wegen kurzer Haltbarkeit:

Der Unternehmer schuldet die vereinbarte Beschaffenheit des Werks. Die Eigenschaften müssen für eine bestimmte Zeit vorhanden sein. Dazu kann auch die Haltbarkeit gehören.

Eine Wärmepumpe muss dauerhaft laufen. Funktioniert die Wärmepumpe binnen kurzer Frist nicht, liegt ein Mangel vor, den der Besteller nicht hinnehmen muss. Anders verhält es sich, wenn der Funktionsmangel auf eine äußere Einwirkung zurückzuführen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2022 – 22 U 31/21).

Keine Gesamtschuldnerschaft von Bauunternehmen und Objektbetreuer:

Der Bauherr hat einen Schadensersatzanspruch gegen den Architekten wegen der Objektbegehungspflicht und Mangelansprüche gegen den bauausführenden Unternehmer. Der Architekt hat gegen das bauausführende Unternehmen in diesem Fall keinen Regressanspruch (BGH, Urteil vom 01.12.2022 – VII ZR 90/22).

Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigungskosten bei Architektenleistungen:

Haben sich Fehler des Architektenwerks im Bauwerk verwirklicht, hat der Bauherr einen Schadensersatzanspruch. Der besteht darin, dass der Architekt dem Bauherrn die Mittel zur Verfügung stellen muss, die erforderlich sind, um den Baumangel zu beseitigen.

Der Architekt kann die Zahlung verweigern, wenn die Beseitigung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Maßgeblich hierfür ist das nachvollziehbare Interesse des Bauherrn an einer vertragsgemäßen Leistung (Kammergericht, Urteil vom 21.10.2022 – 7 U 1101/20).

Wertungsentscheidungen durch die Vergabestelle:

Die Wertung der Angebote muss durch die Vergabestelle erfolgen. Es ist dabei ausreichend, wenn sich die Vergabestelle die Entscheidung eines Beraters zu eigen macht. Es ist nicht erforderlich, dass ein Organ der Vergabestellen die Wertungsentscheidung trifft. Es genügt, dass die Person aus dem Bereich des Auftraggebers kommt und die Entscheidung dem Auftraggeber zuzurechnen ist (OLG Schleswig, Beschluss vom 27.10.2022 – 54 Verg 7/22).

Kein automatischer Ausschluss:

Der Ausschluss eines Bieters ist noch nicht deshalb möglich, weil zwischen dem Bieter durch Eigentum oder Anzahl der Stimmrechte ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Hat die Vergabestelle Zweifel an der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit eines Angebotes, muss sie die relevanten Umstände prüfen, um Interessenkonflikte zu verhindern, aufzudecken und zu beheben. Dabei ist es geboten, dass die Bieter ersucht werden, Informationen und Beweise vorzulegen. Sind die Angebote nicht eigenständig und unabhängig erstellt worden, so dass sich personelle Verbindungen und Einflussnahmemöglichkeiten auf die Erstellung der Angebote konkret ausgewirkt haben, verbietet sich ein Zuschlag auf ein solches Angebot (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.03.2022 – Verg 28/21).

Prozessführungsbefugnis der WEG nach Vergemeinschaftung:

Die Wohnungseigentümer haben Anspruch auf Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum. Die Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum unterfallen nicht der Ausübungsbefugnis nach § 9 a Abs. 2 WEG. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann solche Rechte auch nach der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes weiterhin durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen. Die entsprechende Kompetenz folgt aus §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG (BGH, Urteil vom 11.11.2022 – V ZR 213/21).

 

 

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