Gleich. Gelesen.

Newsletter Bau- und Vergaberecht 08/2022

28.03.2022 | Bau- und Vergaberecht

14 Tage Frist für Bauhandwerkersicherheit zu kurz

Auch ein Architekt kann vom Bauherrn eine Bauhandwerkersicherheit verlangen. Hierfür ist eine angemessene Frist zu setzen. Dabei steht dem Architekten ein Kündigungsrecht zu, wenn er erklärte, dass er nach Ablauf der Frist die Kündigung erklären wird. Die Angemessenheit der Frist ist auch häufig im Streit. Bei der Prüfung muss berücksichtigt werden, ob die Rechtslage klar ist und in welchem Zeitraum die Beschaffung einer Bürgschaft möglich ist. Eine Frist von 14 Tagen kann zu kurz sein (Landgericht Neuruppin, Beschluss vom 21.02.2022 – 1 U 44/21).

Verbrauchervertrag bei Errichtung einer Baugrube für privaten Bauherrn

Der Verbraucher spaltet die Baumaßnahme in verschiedene Lose mit unterschiedlichen Bauverträgen auf. Die Aufträge werden mit mehreren Unternehmen isoliert abgeschlossen. Auch bei Einzelvergaben kann nach Fertigstellung des Bauwerks eine wesentliche Umgestaltung des Grundstücks vorliegen. Für die Neuerrichtung eines Gebäudes ist die Errichtung der Baugrube von grundsätzlicher Erheblichkeit. Dies gilt auch, wenn die Höhe des Werklohns im Verhältnis zu den Gesamtkosten gering ist (Landgericht München I, Urteil vom 28.10.2021 – 5 O 2441/21).

Gleichwertigkeit muss Planer prüfen

In der Ausschreibung wird ein bestimmtes Fabrikat verwandt mit dem Zusatz „oder gleichwertig“.

Schlägt der Auftragnehmer ein anderes Fabrikat vor, muss der Planer prüfen, ob das alternativ angebotene Fabrikat dem ausgeschriebenen Fabrikat gegenüber gleichwertig ist. Das Produkt muss sich für die vorgesehene Verwendung gleichermaßen eignen. Hat der Bauherr Erkenntnisse von der Problematik des Alternativprodukts, muss er den Fachplaner darüber unterrichten, da er ansonsten mitverantwortlich ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.02.2022 – 23 U 153/20).

Geforderte Preise können keine Null Euro Preise sein

Der Bieter ist für verpflichtet, die ausgeschriebenen Leistungen, so wie gefordert, vollständig und mit einem Betrag zu bepreisen. Verteilt der Bieter in seinem Angebot die von ihm geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen und benennt nicht die von ihm geforderten Preise, ist dies vergaberechtswidrig. Denn Null Euro Preise fehlen nicht und können daher nicht nachgefordert werden (VK Baden–Württemberg, Beschluss vom 19.04.2021 – 1 VK 12/21).

Verhältnismäßigkeitsprüfung ist Voraussetzung für Aufhebung

Ein Vergabeverfahren kann ganz oder teilweise aufgehoben werden, wenn dafür Gründe bestehen. Für die Annahme eines schwerwiegenden Grundes ist es erforderlich, eine umfassende und alle für die Aufhebungsentscheidung maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen. Die Interessenabwägung erfolgt im Einzelfall. Im laufenden Vergabeverfahren und nach abschließender Angebotsabgabe greift die Vergabestelle in ein vorvertragliches Rechtsverhältnis zwischen ihr und den Anbietern ein. Die Vergabestelle ist daher verpflichtet, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Die Vergabestelle hat unter den verschiedenen Eingriffen den mit der geringsten Eingriffstiefe auszuwählen. Das Vergabeverfahren kann insbesondere dann aufgehoben werden, wenn die Vergabearbeiten umfassend zu überarbeiten sind und die Zurückversetzung der Aufhebung des Vergabeverfahrens gleichkommt (VK Lüneburg, Beschluss vom 19.07.2021 – VgK – 24/2021).