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Die neue Verbandsklage - wirkungsvolle Wunderwaffe oder stumpfes Schwert?

03.07.2023 | Bank- und Prozessrecht

Die neue Verbandsklage – wirkungsvolle Wunderwaffe oder stumpfes Schwert?
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Mit der Richtlinie(EU) 2020/1828 vom 25.11.2020 (Verbandsklagerichtlinie) bereiteten das Europäische Parlament und der Rat den Boden für eine Verbandsklage zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher. Mit diesem Instrument sollen zum einen die Ansprüche von Verbrauchern gegen Unternehmer aufgrund unerlaubter Praktiken leichter durchzusetzen sein, zum anderen verspricht man sich davon eine Entlastung der Gerichte von Massenverfahren. Eine Umsetzung in das nationale Recht sollte bis zum 25.12.2022 erfolgen, ab dem 25.06.2023 sollten die entsprechenden Vorschriften zur Anwendung kommen. Bis dato liegt indes lediglich ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein sog. Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG-E) vor. Demnach gliedert sich die neue Verbandsklage in drei Abschnitte: Phase eins endet mit einem Abhilfegrundurteil, welches das Bestehen eines Anspruchs dem Grunde nach klären soll; Phase zwei wird durch ein Abhilfeendurteil abgeschlossen, welches ggf. eine Verurteilung des beklagten Unternehmers zu einer Zahlung in konkreter Höhe an den einzelnen Verbraucher, zur Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrags an einen unabhängigen Sachwalter oder zu einer sonstigen Leistung ausspricht; daran schließt sich dann das Umsetzungsverfahren an, in welchem die Ansprüche der einzelnen Verbraucher ohne Erfordernis einer weiteren Klage erfüllt werden sollen. Der Gesetzesentwurf wirft indes einige Fragen auf, die aus Unternehmersicht drängendsten stellen wir in diesem Beitrag heraus.

Internationale Zuständigkeit

In § 3 Abs. 1 VDuG-E ist eine ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts vorgesehen, in dessen Bezirk sich der allgemeine Gerichtsstand des beklagten Unternehmers befindet. Diese Regelung trifft indes keine Aussage zur internationalen Zuständigkeit.

Auch die Verbandsklagerichtlinie enthält keine Regelungen zur internationalen Zuständigkeit. Diese richtet sich damit weiterhin nach der Brüssel Ia-VO. Neben der Möglichkeit, Klagen am Sitz des beklagten Unternehmers zu erheben, hat der geschädigte Verbraucher bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt das Recht, Klagen auch in dem Mitgliedsstaat zu erheben, in dem er seinen Wohnsitz hat. Diese internationale Zuständigkeitsregelung wird bei Verbandsklagen auf die klagebefugten Verbraucherverbände übertragen. Die klagebefugten Verbraucherverbände können also die Verbandsklage entweder in dem Mitgliedsstaat, in dem der beklagte Unternehmer seinen Sitz hat oder in dem Mitgliedsstaat, in dem sie zu einer qualifizierten Einrichtung ernannt wurden, erheben.

Die geäußerte Besorgnis, dass Verbraucherverbände den Mitgliedstaat nach Belieben wählen könnten, um für Verbandsklagen die günstigsten Rahmenbedingungen zu nutzen, ist damit unbegründet.

Glaubhaftmachung der erforderlichen Anzahl betroffener Verbraucher

Der Gesetzentwurf sieht in § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) VDuG-E als Zulässigkeitsvoraussetzung die Glaubhaftmachung vor, dass Ansprüche von mindestens 50 Verbrauchern betroffen sind. Eine zwingende namensmäßige Individualisierung der betroffenen Verbraucher ist nicht erforderlich. Die klageberechtigte Stelle muss lediglich glaubhaft machen, dass Verbraucher „überhaupt“ in dieser Mindestzahl von der jeweiligen Verbandsklage betroffen sind. Ob sich dann auch tatsächlich 50 Verbraucher der Klage anschließen, wozu gemäß § 46 VDuG-E bis zwei Monate nach dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung Gelegenheit besteht, ist nach dem Gesetzentwurf unerheblich. Somit scheint nicht erforderlich zu sein, dass sich tatsächlich mindestens 50 Verbraucher zur Verbandsklage anmelden. Dies stellt jedoch die beabsichtigte Vertretung kollektiver Verbraucherinteressen durch den Verband wieder in Frage.

Unbezifferter Klageantrag

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll im Falle der Geltendmachung eines kollektiven Gesamtbetrags eine Bezifferung des Klageantrags nicht erforderlich sein. Hieraus folgt schon unabhängig von der ungewissen Anzahl letztlich teilnehmender Verbraucher eine offenkundige Unsicherheit für den beklagten Unternehmer, einzuschätzen in welcher Höhe er sich Verbraucheransprüchen und Kosten ausgesetzt sieht.

Gleichartigkeit der Ansprüche

Ebenfalls als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Abhilfeklage sieht der Gesetzesentwurf in § 15 VDuG-E die Gleichartigkeit der geltend gemachten Verbraucheransprüche vor. Dabei intendiert Abs. 1 S. 2 der Vorschrift, dass für die Beurteilung der Gleichartigkeit auf zwei Aspekte abzustellen ist: Zunächst müssen die Ansprüche auf demselben Sachverhalt (bzw. einer Reihe vergleichbarer Sachverhalte) beruhen und kumulativ hierzu müssen die gleichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheidungserheblich sein. Die Gesetzesbegründung sieht diese Voraussetzungen als erfüllt an, sobald eine „schablonenhafte Prüfung“ der Anspruchsvoraussetzungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht möglich ist. Nur dann sei eine einheitlich abschließende Entscheidung oder Festlegung einheitlicher Anspruchsvoraussetzungen und Berechtigungsnachweise im Abhilfegrundurteil möglich.

Eine ebensolche Gleichartigkeit ist – so die Gesetzesbegründung – zu verneinen, soweit unterschiedliche Rechtsfragen, etwa mit Blick auf die Verjährung, durch das Gericht zu klären sind. An dieser Stelle wäre damit für den im Abhilfeklageverfahren beklagten Unternehmer einzuhaken und individuelle Einreden sowie Einwendungen, wie beispielhaft die Verjährung oder rechtsmissbräuchliches Verhalten (§ 242 BGB), gegen einzelne Verbraucheransprüche zu erheben. .

Ebendieses „Einfalltor“, welches durch Individualisierung der Verbraucheransprüche zur Unzulässigkeit einer Abhilfeklage führen kann, soll nach Ansicht des Bundesrates weitestgehend geschlossen werden. Mit seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2023 präferiert der Bundesrat zum einen, dass es für die Gleichartigkeit ausreichen soll, wenn lediglich „im Wesentlichen“ die gleichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheidungserheblich sind. Darüber hinaus schlägt er eine Ergänzung vor, wonach individuelle Einwendungen und Einreden die Frage der Gleichartigkeit weitgehend unberührt lassen. So lässt sich der Begründung der Vorschläge entnehmen, dass insbesondere die Verjährungseinrede, aber auch die Verwirkung einzelner Verbraucheransprüche, bei der Frage der Gleichartigkeit unberücksichtigt bleiben sollen.

Es bestehen schon verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschläge des Bundesrates. Etwa wird dem beklagten Unternehmer im Verfahren und bei der Entscheidungsfindung sein Recht auf rechtliches Gehör verwehrt. Insoweit zielt der Vorschlag des Bundesrates darauf ab, einem Verbraucher zunächst einmal einen Anspruch „zuzusprechen“. Dies, obgleich dem Gericht sogar bekannt ist, dass ebendieser Anspruch für den individuellen Verbraucher schon nicht besteht bzw. nicht durchsetzbar ist und sich der Unternehmer bereits auf seine Einwendungen und Einreden berufen hat. Der Unternehmer würde folglich, wie durch den Bundesrat in seiner Stellungnahme selbst erkannt, in Individualklagen gegen die zu Unrecht mittels der Abhilfeklage begünstigen Verbraucher gezwungen. Ein solcher Mechanismus widerspräche jedoch dem Telos des VDuG-E, wonach die Gerichte entlastet werden sollen.

Zuletzt bleibt anzumerken, dass auch keinerlei Druck aus Europa bezüglich des vom Bundesrat vorgeschlagenen Grades der „Gleichartigkeit“ besteht: Erwägungsgrund (12) der Verbandsklagerichtlinie überlässt die Entscheidung über den „Grad der Ähnlichkeit“ der Verbraucheransprüche weitestgehend den Mitgliedstaaten.

Sperr- und Bindungswirkung

Einen weiteren wichtigen Aspekt stellen die Regelungen zur Sperr- und Bindungswirkung im Verbandsklageverfahren dar. Von übergeordneter praktischer Relevanz ist insbesondere das Verhältnis der Verbandsklage zur Individualklage, denn die Verbandsklage schließt die Individualklage nicht grundsätzlich aus. Nach dem Gesetzentwurf kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt der Anmeldung zum Verbandsklageregister an. Meldet sich der Verbraucher nach Erhebung einer Individualklage zum Verbandsklageregister an, sieht der Gesetzentwurf in § 11 Abs. 1 VDuG-E vor, dass das anhängige Individualverfahren mit demselben Streitgegenstand bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verbandsklage oder bis zur wirksamen Rücknahme der Anmeldung zum Verbandsklageregister ausgesetzt wird. Im Falle der Aussetzung des Individualverfahrens ist die rechtskräftige Entscheidung der Verbandsklage für das Individualverfahren bindend (§ 11 Abs. 3 VDuG-E).

Die Erhebung der Individualklage nach Anmeldung zum Verbandsklageregister soll hingegen nicht möglich sein, sofern dieser derselbe Streitgegenstand der Verbandsklage zugrundeliegt (§ 11 Abs. 2 VDuG-E).

Ist eine Verbandsklage erhoben, kann gem. § 8 VDuG-E keine weitere Verbandsklage mit demselben Streitgegenstand erhoben werden. Die erhobene Verbandsklage entfaltet damit, entsprechend der Regelung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, Sperrwirkung.

Aufgrund der weiterhin möglichen Individualklage ist fraglich, ob die von der Bundesregierung geschätzte Entlastung von ca. 21.000 Individualverfahren pro Jahr wirklich erreicht werden kann. Letztlich dürfte es insbesondere darauf ankommen, wie schnell und aktiv die klageberechtigten Verbände Verbandsklagen erheben werden. Sofern die Verbraucher im Zeitpunkt der Bekanntmachung der Verbandsklage bereits reihenweise Individualklagen anhängig gemacht haben, dürfte sich die Entlastung der Gerichte, zumindest hinsichtlich der Klageeingangszahlen, in Grenzen halten.  Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die Verbraucherkanzleien frühzeitig mit (vermeintlichen) Verbraucheransprüchen werben und die Mandatierung vergleichsweise einfach, häufig per Onlineformular mit wenigen Klicks, erfolgen kann.

Verjährung

Der Gesetzesentwurf sieht ferner neue Regelungen zur Verjährung und Verjährungshemmung vor. Insbesondere ist vorgesehen, einen neuen § 204a BGB einzuführen, mit welchem sämtliche Verjährungsregelungen zur Verbandsklage in das BGB integriert werden.

Gemäß § 204a BGB-neu soll die Verjährung von Ansprüchen betroffener Verbraucher gegen einen Unternehmer durch die Erhebung einer Abhilfeklage gehemmt werden, sofern der Verbraucher seinen Anspruch zum Verbandsklageregister – auch zu einem späteren Zeitpunkt – anmeldet (Abs. 1 Nr. 4).

Über den Beginn der Verjährungshemmung besteht derzeit noch Uneinigkeit. Der Bundesrat hält die Bedingung für den Beginn der Verjährungshemmung, wonach dies nur für im Verbandsklageregister angemeldete Verbraucher gilt, für nicht richtlinienkonform. Art. 16 Abs. 2 der Verbandsklagerichtlinie sehe die Verjährungshemmung für alle von der Verbandsklage „betroffenen Verbraucher“ ohne weitere Einschränkung vor. Der Bundesrat vertritt damit die Auffassung, die Verjährung werde auch dann gehemmt, wenn der Verbraucher an der Verbandsklage nicht teilnimmt. Dies würde den nicht zur Verbandsklage angemeldeten Verbrauchern, die ihre Ansprüche ausschließlich auf dem Individualklageweg verfolgen, erhebliche Vorteile verschaffen und gleichzeitig den Unternehmen die Verteidigung erschweren. Ob dies mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Waffengleichheit (Art. 103 Abs. 1 GG) zu vereinbaren ist, darf bezweifelt werden.

Vergleich vor Umsetzungsverfahren

Eine gütliche Einigung über die Ansprüche der Verbraucher ist natürlich grundsätzlich möglich, unterliegt indes einigen Einschränkungen. Sie bedarf zum einen der Genehmigung des Gerichts, kann also von diesem abgelehnt werden (§ 9 Abs. 2 VDuG-E). Zum anderen darf ein Vergleich nicht früher als zwei Monate nach der ersten mündlichen Verhandlung geschlossen werden (§ 9 Abs. 1 Satz 2 VDuG-E. Falls das Gericht den Rechtsstreit schon nach einem Verhandlungstermin für entscheidungsreif erachtet, kann der offene Zeitrahmen für eine Einigung denkbar klein sein.

Dafür besteht auch noch nach der Verkündung des Abhilfegrundurteils die Möglichkeit, einen Vergleich über die Umsetzung des Abhilfegrundurteils zu schließen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 VDuG-E). Gemäß der Gesetzesbegründung ist Ziel eines solchen Vergleichs, dass sich die Parteien auf ein Prüf- und Verteilungssystem einigen, auf dessen Basis sie das Abhilfegrundurteil selbständig umsetzen. In diesem Vergleich sollen die Zahlung eines bestimmten Gesamtbetrags sowie ein Abwicklungssystems vereinbart werden können. Letzteres soll es dem Unternehmer ermöglichen, die Umsetzung des Abhilfegrundurteils selbst zu gestalten und das mit weiteren Kosten in ungewisser Höhe verbundene Umsetzungsverfahren zu vermeiden. Die Möglichkeit, im Vergleichswege auch die Zahlung eines bestimmten Gesamtbetrags vereinbaren zu können, scheint indes im Widerspruch zu anderen Vorschriften des Gesetzes zu stehen. Falls die Verbandsklage bereits auf eine Leistung an namentlich benannte Verbraucher gerichtet und begründet ist, ergeht ein Endurteil (§ 16 Abs. 1 Satz 2 VDuG-E) und gerade kein Abhilfegrundurteil, sodass die Vorschrift des § 17 VDuG-E gar nicht zur Anwendung gelangt. Wird in dem Abhilfegrundurteil die Verpflichtung des Unternehmers zu einer anderen Leistung als einer Zahlung ausgesprochen, dient die nachträgliche Vereinbarung eines zu zahlenden Gesamtbetrags nicht der Erfüllung der festgestellten Verbraucheransprüche und damit nicht der Umsetzung des Abhilfegrundurteils. Die Möglichkeit, sich auf einen zu zahlenden Gesamtbetrag zu einigen, scheint daher auf eine Abhilfeklage, mit der ein – gemäß der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 3 VDuG-E von dem klagenden Verband nicht konkret zu beziffernder – kollektiver Gesamtbetrag geltend gemacht wird, zugeschnitten zu sein. Zwar soll nach § 18 Abs. 2 VDuG-E erst das Abhilfeendurteil die Verurteilung zur Zahlung eines – nach § 19 VDuG-E frei schätzbaren – kollektiven Gesamtbetrags aussprechen, allerdings bestimmt § 16 Abs. 2 Satz 2 VDuG-E, dass im Falle der Geltendmachung eines kollektiven Gesamtbetrags bereits das Abhilfegrundurteil entweder den Betrag enthalten soll, der jedem Verbraucher zusteht, oder – falls die einzelnen Ansprüche der Höhe nach variieren – die Methode, nach der die Einzelbeträge zu berechnen sind. Da zu dem Zeitpunkt eines möglichen Vergleichs auch die Gesamtanzahl der an der Verbandsklage teilnehmenden Verbraucher sich nicht mehr erhöhen kann (vgl. § 46 Abs. 1, § 10 VDuG-E), stellt sich also die Frage, weshalb sich der Unternehmer auf einen höheren Betrag bzw. der klagende Verband auf einen geringeren Betrag als die Summe der sich aus dem Abhilfegrundurteil ergebenden Beträge einlassen sollte bzw. beide Parteien auf exakt die Summe der ausgeurteilten Beträge einigen sollten.

Mögliche Anwendungsfälle

Basierend auf unseren Erfahrungen aus den mannigfaltigen „Widerrufsfällen“ und Verfahren im Zusammenhang mit dem sog. „Dieselskandal“ gelangen wir zu der Einschätzung, dass derartige Streitigkeiten kaum als Gegenstand einer Verbandsklage in Betracht kommen. Schon der Gesetzesentwurf macht deutlich, dass sich die Erhebung einer Verbandsklage nicht für sämtliche Ansprüche eignet. Im Gegenteil: Es dürften nur Ansprüche in Betracht kommen, bei denen im Rahmen der Tatsachenfeststellung individuelle Sachverhaltsaspekte keine Rolle spielen, denn die Bildung von Fallgruppen innerhalb einer Verbandsklage ist mangels einheitlichen Streitgegenstands nicht möglich. Vor diesem Hintergrund dürfte sich der häufig (und sogar vom Bundesjustizminister) im Zusammenhang mit der Verbandsklage zitierte „Dieselskandal“ nicht für ein Verbandsklageverfahren eignen.

Auch die „Widerrufsfälle“ weisen einen zu hohen Grad an individuellen Sachverhaltsausprägungen aus, die kaum im Sinne einer Gleichartigkeit zu abstrahieren sind. Insbesondere das nach der Erklärung des Widerrufs an den Tag gelegte Verhalten des Verbrauchers wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich bewertet und der Bundesgerichtshof differenziert bekanntlich sogar zwischen Sachverhaltsnuancen. Selbst wenn es einem Verband gelingen sollte, den Themenkomplex „Widerruf eines Darlehensvertrags“ in hinreichendem Maße in einzelne Sachverhaltsgruppen aufzuspalten, wäre die dann alle Verbraucher dieser Sachverhaltsgruppe betreffende Einwendung gleichsam abstrakt zu beurteilen, was dem Erfordernis einer Einzelfallbetrachtung entgegenstehen dürfte. Insofern erscheint auch die vom Bundesrat (s.o.) vorgeschlagene Lösung, dem Unternehmer auf dem individuellen Rechtsverhältnis basierende Einwendungen und Einreden abzuschneiden, nicht zielführend, dürfte dies doch letztlich Individualklagen des Unternehmers in entsprechender Anzahl nach sich ziehen und die Belastung der Gerichte somit kaum reduzieren.

30.06.2023

Michael Dreyer, Benedict Böhme, Matthias Heisack und Pascal Schäfer, Frankfurt am Main