Newsletter Bau- und Vergaberecht 20/2025

15.07.2025 | Bau- und Vergaberecht

Abnahme durch unberechtigte Abnahmeverweigerung:

Der Bauherr verweigert die Abnahme, obwohl nur unwesentliche Mängel bestehen. In diesem Fall führt die unberechtigte Abnahmeverweigerung zum Eintritt sämtlicher Abnahmewirkungen (OLG Frankfurt, Urteil vom 06.10.2023 – 29 U 143/21 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen BGH, Beschluss vom 04.12.2024 – VII ZR 196/23).

Haftung des öffentlichen Bauherren für Schadensverursachung durch einen Auftragnehmer:

Die Vergabestelle hat einen Unternehmer mit der Erneuerung der städtischen Entwässerung beauftragt. Dabei hat die Vergabestelle mit eigenen Fachleuten den detaillierten Bauablauf vorgegeben, den Bauablauf überwacht und alle anfallenden Entscheidungen getroffen. Eine Haftung des Staates besteht im Bereich der Daseinsvorsorge, wenn der hoheitliche Charakter der Aufgabe im Vordergrund steht und ein enger Zusammenhang zwischen der Maßnahme und der schädigenden Handlung gegeben ist, sodass der Auftragnehmer als verlängerter Arm der Vergabestelle anzusehen ist, da diese nicht auf die Fachkunde des Auftragnehmers zurückgegriffen hat. In einem solchen Falle handelt der Auftragnehmer als Verwaltungshelfer in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes mit einer Überleitung der Haftung auf die öffentlich-rechtliche Körperschaft (OLG Celle, Urteil vom 08.01.2025 – 14 U 49/24).

Für Wege- und Umkleidezeiten kein Vergütungsanspruch:

Für den Arbeitnehmer stellt der Weg zur Arbeit und zurück keine fremdnützige Tätigkeit dar. Die Arbeit beginnt dann, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit bestimmungsgemäß aufnimmt und nicht schon, wenn er das Betriebsgelände betritt. Dies gilt auch dann, wenn das Betriebsgelände weitläufig ist und der Arbeitnehmer auf dem Weg zu der konkreten Arbeitsstelle eine Vielzahl von Vorgaben durch den Auftraggeber mit dem Passieren von Kontrollpunkten und der Nutzung eines Shuttle Service einhalten muss (Flughafen). Für die Anfahrtszeiten bestehen kein Vergütungsanspruch nach § 611a Abs. 2 BGB (LAG Hessen, Urteil vom 31.01.2025 – 10 SLa 564/24).

Fälligkeit der Schlussrate trotz Mängel im Protokoll:

Mit der Herstellung der Abnahmereife erfolgt die vollständige Fertigstellung im Sinne der MaBV. Wenn die in das Sonder- und Gemeinschaftseigentum fallenden Bereiche abnahmereif hergestellt sind, ist das Vertragsobjekt vollständig fertiggestellt. Die Fälligkeit der Schlussrate wird nicht dadurch gehindert, dass im Abnahmeprotokoll Mängel festgehalten werden. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung führt dies lediglich zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung (KG, Beschluss vom 27.05.2025 – 21 W 8/25).

Ohne Begutachtung keine Mangelfeststellung:

Der Inhalt eines Gutachterauftrages ist durch Auslegung zu ermitteln. Relevant sind dabei die berechtigten Erwartungen des Auftraggebers. Soll nach einem gemeinsamen Besichtigungstermin das Gutachten erstellt werden, kann der Auftraggeber nicht erwarten, dass der Sachverständige auch eine elektrische Anlage in einem verschlossenen Raum begutachtet, die bei dem Besichtigungstermin nicht zugänglich war und nicht in Augenschein genommen werden konnte, da die Zugangsberechtigung bei einem Dritten (Stadtwerke) lag (OLG Schleswig, Beschluss vom 22.08.2023 – 7 U 209/22).

Keine analoge Anwendung von Kaufrecht auf Bauverträge:

Bei einem Vertrag über Bauleistungen ist es nicht zulässig, durch eine gerichtliche Auslegung analoger nationaler Rechtsvorschriften Regelungen zur Garantie im Bereich von Kaufverträgen anzuwenden, wenn deren Inhalt weder in den Ausschreibungsunterlagen noch in dem Vertrag über die Bauleistung ausdrücklich angegeben wurde und die Anwendbarkeit solcher Bestimmungen für einen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei Anwendung der üblichen Sorgfalt nicht hinreichend klar und vorhersehbar ist. Dies stellt einen Verstoß gegen die mir Gleichbehandlung und das Transparenzgebot dar (EuGH, Urteil vom 05.06.2025 – Rs. C – 82/24).

Keine Vergaberechtswidrigkeit von Festpreisen:

Es besteht ein weiter Beurteilungsspielraum der Vergabestelle bei der Festlegung von Festpreisen. Begrenzt wird der Beurteilungsspielraum durch das Willkürverbot. Ob der Festpreis angemessen ist, ist für die Rechtmäßigkeit nicht relevant. Nur wenn den Bietern eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation unmöglich ist, kann die Aufnahme einer Preisanpassungsklausel vergaberechtlich geboten sein (VK Berlin, Beschluss vom 28.10.2024 – VKB1)

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