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Newsletter Bau- und Vergaberecht 16/2018

26.07.2018 | Bau- und Vergaberecht

Bauleistungen bei berechtigter GoA vergütungsfähig

Die VOB/B sieht vor, dass Bauleistungen vergütungsfähig sind, die auf der Grundlage einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) ausgeführt worden sind. Die Erbringung derartiger Leistungen muss nicht angezeigt werden. Einschlägig sind die Regelungen in §§ 677 ff. BGB. Eine berechtigt GoA ist gegeben, wenn der Bauherr ein Interesse an der Erbringung der Bauleistung hat und diese für ihn sachlich vorteilhaft ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.12.2015 – 14 U 110/13 – NZB zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 24.01.2018 – VII ZR 7/16).

Überzahlungsansprüche verjähren ohne Abnahme und Schlussrechnung

Im Bauvertrag ist geregelt, dass Abschlagszahlungen nach Baufortschritt erfolgen und die Restzahlung auf die Schlussrechnung erfolgt. Unter diesen Voraussetzungen muss der Bauunternehmer seine Leistungen abrechnen und einen Überschuss an den Bauherrn auszahlen. Der Rückzahlungsanspruch des Bauherrn wegen geleisteter Überzahlungen wird nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf der Frist in § 14 Abs. 3 VOB/B fällig. Die Abnahme und die Erstellung einer Schlussrechnung sind für die Fälligkeit nicht erforderlich. Die Verjährung erfolgt in der regelmäßigen Verjährungsfrist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2016 – 22 U 176/14 – NZB zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 07.02.2018 – VII ZR 66/16).

Stundenlohnarbeiten auch ohne Stundenlohnzettel vergütungsfähig

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bauherrn ist geregelt, dass Stundenlohnarbeiten ohne Stundenlohnzettel oder nicht genehmigten Leistungsnachweise generell ausgeschlossen sind. Mit dieser Regelung wird der Bauunternehmer unangemessen benachteiligt. Daher ist sie unwirksam (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2014 – 22 U 156/13 – NZB zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 14.12.2017 – VII ZR 109/14).

Für Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B tatsächliche Mehrkosten entscheidend

Der Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B bestimmt sich nach den Grundlagen des Vertrages und es ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten zu vereinbaren. Maßgeblich sind die Grundlagen der Preisermittlung und die besonderen Kosten. Das Kammergericht geht davon aus, dass die tatsächlichen Mehr- und Minderkosten, die durch die Leistungsänderung entstehen, geltend gemacht werden können. Die Preiskalkulation des Bauunternehmens ist nur ein Hilfsmittel bei der Ermittlung der Kostendifferenz. Im Streitfalle kommt es nicht auf die Kalkulation an, sondern auf die tatsächlich entstandenen Kosten. Dies widerspricht der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, wonach der Bauunternehmer an seine Preise gebunden bleibt. (KG, Urteil vom 10.07.2018 – 21 U 30/17).

Keine Geltendmachung fiktiver Mängelbeseitigungkosten

Der Bundesgerichtshof hat in einer weiteren Entscheidung bestätigt, dass der Bauherr, der die Bauleistung akzeptiert und den Mangel nicht beseitigt, seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten geltend machen kann (BGH, Urteil vom 21.06.2018 – VII ZR 173/16).

Tragwerksplaner kann anrechenbare Kosten schätzen

Wenn ein Bauherr dem Statiker die für die Mindestsatzabrechnung erforderlichen Kosteninformationen zu den Kosten 300 und 400 nicht mitteilt, kann der Tragwerksplaner die Kosten zugrunde legen, die er nachvollziehbar schätzt. Der Bauherr muss die tatsächlichen Kosten präzise darlegen, wenn er der Abrechnung entgegentreten will (OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2017 – 17 U 100/15).

Planer muss frühere Fehler in späteren Leistungsphasen korrigieren

Wenn ein Planer in einer späteren Leistungsphase feststellt, dass seine Planung aus einer früheren Leistungsphase mangelhaft war, muss er seine Planung selbstverständlich kritisch hinterfragen und korrigieren (OLG München, Beschluss vom 09.02.2017 – 27 U 3088/16 Bau – NZB zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 07.03.2018 – VII ZR 198/17).

Architekt haftet für vollmachtlos erteilten Auftrag

Ein Architekt, der einen Auftrag erteilt, kann für die damit einhergehende Verbindlichkeit als vollmachtloser Vertreter oder wie ein Auftraggeber haften. Es kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der Architekt nur als Vertreter des Bauherrn handelt (OLG München, Beschluss vom 13.03.2018 – 28 U 88/18 Bau).

Planer muss auf Abweichung von DIN hinweisen

Die Planung und die Errichtung der Baumaßnahme muss zum Zeitpunkt der Fertigstellung den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Zu diesen Regelungen gehören auch die DIN-Normen. Wenn ein Werk wegen einer behördlichen Auflage nicht DIN-gerecht realisiert werden kann, muss der Architekt den Bauherrn über diesen Umstand nebst Konsequenzen aufklären. Ohne eine solche Aufklärung ist in der Unterschrift auf dem Bauantrag kein Einverständnis mit der abweichenden Planung zu erblicken (OLG München, Beschluss vom 18.09.2015 – 27 U 4611/14 Bau – NZB zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 10.01.2018 – VII ZR 238/15).

Verjährung von Mängelansprüchen für Schadstoffgutachten in zwei Jahren

Der Planer ist beauftragt worden, ein Schadstoffgutachten zu erstellen, das eine Grundstückssanierung vorbereiten soll. Auf der Grundlage des Schadstoffgutachtens ist eine Kostenermittlung erstellt worden. Die Kostenermittlung ist falsch und mangelhaft. Es handelt sich dabei um eine Planungsleistung im Sinne von § 634 a Abs. 1 Nr. 1 BGB, da für sie eine notwendige Vorarbeit für die angestrebte und geschuldete Sanierung erforderlich ist. Das Vorhandensein von Bauwerken auf dem Grundstück führt nicht zur Anwendung des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB mit einer fünfjährigen Verjährungsfrist. Denn die geschuldete Planung stellte keine Arbeiten an einem Bauwerk dar (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.05.2018 – 5 U 49/17).

Planer haftet für Fördermittelkürzungen

Ein Planer muss bei der Ausschreibung die Fördermittelvorgaben der öffentlichen Hand beachten. Sind bei der Vergabe Fachlose zu bilden, muss der Planer dem nachkommen. Schreibt er die Leistungen nicht losweise aus und werden die Fördermittel deshalb gekürzt, haftet er auf Schadensersatz (OLG Jena, Urteil vom 17.02.2016 – 7 U 610/15 – NZB zurückgewiesen, BGH, Beschluss vom 10.01.2018 – VII ZR 54/16).

Keine wirksame Abnahme durch Gutachter des Bauträgers

Im Bauträgervertrag findet sich die Regelung, wonach die im gemeinschaftlichen Eigentum aller Miteigentümer stehenden Bauteile für die Wohnungseigentümer durch einen vom Verwalter zu beauftragenden Sachverständigen erfolgen soll. Das ist eine unangemessene Benachteiligung und damit unwirksam ((OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.04.2018 –8 U 19/14).

Gesamtvergabe bei unwirtschaftlicher Fachlosvergabe möglich

Grundsätzlich ist die Bauleistung in Fachlosen auszuschreiben. Die Vergabestelle kann von diesem Grundsatz ausnahmsweise abweichen, wenn sich eine Gesamtvergabe nach umfassender, sorgfältiger und dokumentierter Interessenabwägung im Vergleich als technisch und wirtschaftlich vorteilhafter erweist (OLG Frankurt, Beschluss vom 14.05.2018 –11 Verg 4/18).

Unangemessen kurze Aufklärungsfrist von einem Tag

Ungewöhnlich niedrige Angebote muss die Vergabestelle unter Auseinandersetzung mit der Zusammensetzung des Angebots überprüfen. Dabei genügt die Vergabestelle ihrer Aufklärungspflicht, wenn sie aufgrund einer Rüge sachgerechte Fragen zur Preisprüfung stellt. Eine Aufklärungsfrist von einem Tag ist dabei unangemessen kurz (VK Bund, Beschluss vom 07.05.2018 –VK 2-38/18).

Zuschlagskriterien dürfen Wettbewerbsvorteile nicht beeinflussen

Zwischen den Marktteilnehmern bestehen Wettbewerbsunterschiede. Es ist unzulässig, wenn die Vergabestelle Zuschlagskriterien fordert, die nur dazu dienen, die Wettbewerbsvorteile eines Bieters auszugleichen. Dies führt zu einer unzulässigen Diskriminierung. Nur wenn die Zuschlagskriterien auf sachlichen und auftragsbezogenen Gründen beruhen, ist es zulässig, dass diese dazu führen, Wettbewerbsvorteile eines Bieters zu eliminieren (VK Südbayern, Beschluss vom 04.06.2018 – Z 3-3-3194-1-08-03/18).

Keine Bekanntmachung über Links

Die Bekanntmachung der Eignungskriterien nach § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB sowie der Unterlagen zum Nachweis der Eignung nach § 48 Abs. 1 VgV darf nicht so erfolgen, dass sich der Bieter die Unterlagen zwischen anderen Dokumenten heraussuchen muss. Eine derartige Verweisung auf Links verstößt gegen die Verpflichtung zur direkten Bereitstellung der Unterlagen nach § 41 Abs. 1 VgV (VK Südbayern, Beschluss vom 05.06.2018 – Z 3-3-3194-1-12-04/18).

Ausschreibung eines bestimmten technischen Verfahrens im Einzelfall zulässig

Die Vergabestelle kann sich für ein bestimmtes Vergabeprodukt oder –verfahren entscheiden. Grundsätzlich ist die Vergabestelle insoweit ungebunden und frei. Der Vergabestelle obliegt es festzulegen, nach welchen sachbezogenen Kriterien die Beschaffungsentscheidung auszurichten ist. Allerdings muss die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt sein und die Vergabestelle muss nachvollziehbare objektive und auftragsbezogene Gründe angeben können. Nur wenn solche Gründe tatsächlich vorhanden sind, werden andere Wirtschaftsteilnehmer nicht diskriminiert. Die technischen Anforderungen dürfen kein bestimmtes Produkt, eine bestimmte Herkunft oder ein besonderes Verfahren z.B. Marken, Patente, Typen festlegen, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Dies ist nur dann zulässig, wenn eine besondere Rechtfertigung besteht. Dies muss die Vergabestelle darlegen und beweisen. Dazu bedarf es einer detaillierten und dokumentierten Begründung (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.05.2018 – 1 VK 8/18).

Planungsänderung von Kita zur Ganztagesbetreuung ist wesentliche Auftragsänderung

Die Vergabestelle hat einen Architekten mit der Planung einer Kindertagesstätte beauftragt. Es kam zu einer Erweiterung des Vorhabens auf Planungsleistungen für eine Ganztagesbetreuung. Dadurch ist der gesamte Auftrag EU-weit auszuschreiben (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.06.2018 – 1 VK 10/18).